Vorträge zu Italien
Die Kanaille heißt Francesco: Friedrich Schiller und die italienische Oper
Die Bayerische Staatsoper spielt ab März 2020 Giuseppe Verdis selten zu hörende Vertonung von Schillers Die Räuber. I Masnadieri heißt das Werk dann, Carlo ist der Gute, und „Francesco“ heißt die Kanaille. Sabine Sonntag wird diese Schiller-Oper zum Anlass nehmen, um über die Vorliebe italienischer Komponisten für gerade diesen deutschen Dichter zu sprechen. Verdi hat außer den Räubern auch die Jungfrau von Orleans, Kabale und Liebe und Don Carlos vertont. Aber auch alle anderen großen Italiener haben sich Schillers angenommen: Rossini mit Wilhelm Tell, Donizetti mit Maria Stuart und schließlich Puccini mit Turandot. Sabine Sonntag wird, wie immer unterstützt durch viele Film- und Musikbeispiele, die Frage stellen, was die Komponisten an Schiller gereizt hat und ob nicht seine Dramen geradezu perfekt für eine Veroperung geeignet sind.
Der Weg zu Verdi: Der BELCANTO
Sabine Sonntag spricht über die Phase der Musikgeschichte, die Giuseppe Verdi vorausgeht. Gioacchino Rossini, Vincenzo Bellini und Gaetano Donizetti bilden jene Gruppe, die man mit Belcanto bezeichnet. Der Name schöner Gesang verweist auf das Hauptanliegen dieser Komponisten. Dabei ist der schöne Gesang jedoch nicht nur Selbstzweck für die Sänger, sondern - gerade heute hat man das erkannt und spielt diese Opern vermehrt - er ist das Fenster zur Seele der Figuren, die sich in dramatisch zugespitzten Situationen zu bewähren haben. Sabine Sonntag stellt neben den bekanntesten Werken wie Der Barbier von Sevilla und Lucia di Lammermoor auch weniges Bekanntes wie Rossinis Moses oder Donizettis Roberto Devereux vor.
Das wirklich wahre Leben oder Der Verismo in der Oper
„Am Ostermorgen in einem sizilianischen Dorf“ spielt Pietro Mascagnis Oper Cavalleria rusticana und bringt damit 1890 ein vollkommen neues Ambiente in die Operngeschichte. Wo früher Adlige mit dem Degen um eine Frau gekämpft haben, ziehen sie nun das Klappmesser und röcheln auf offener Bühne ihr Leben aus. Der Naturalismus hat um 1900 de Theaterbühnen erreicht, und gleichzeitig hat er als „Verismo“ das Musiktheater nachhaltig verändert. Die gleiche Strategie wie Mascagnis Oper verfolgt Ruggero Leoncavallos Bajazzo drei Jahre nach der Cavalleria. Dass der Leiter einer Komödiantentruppe seine Frau während einer laufenden Vorstellung ersticht, soll genau so passiert sein – in einem Dorf in Kalabrien, wo die Familie Leoncavallos ansässig war.
"So daß ich trunken ward vom süßen Klang". DANTE in der Musik.
Das Personal in Dantes Divina commedia ist auch das Personal eines jeden einschlägigen Opernführers, denn zahllos sind die Werke über Semiramis, Kleopatra, Dido, Achilles, Helena und Paris – hier schöpfen Rossini, Händel und Offenbach aus den gleichen Quellen wie Dante. Aber es gibt auch eine Gruppe von Werken der Musikliteratur, die sich ganz speziell auf Dante als literarische Vorlage bezieht. Über solche Kompositionen von Puccini, Donizetti, Tschaikowsky, Zandonai, Rachmaninoff und Liszt berichtet der Vortrag. Gianni Schicchi von Puccini, die selten gespielte Oper Pia de Tolomei von Donizetti, Liszts Dante-Sinfonie und die vielen Vertonungen der Liebesgeschichte von Francesca da Rimini und Paolo stehen dabei im Zentrum.
Italiens Opernhäuser einst und jetzt
Italien hat um 1600 die Oper erfunden. 1637 wurde in Venedig das erste eigens fürs Musiktheater errichtete Opernhaus eröffnet. Es folgte ein Opernboom, der dazu führte, dass im 17. Jahrhundert in Venedig zeitweise acht Opernhäuser gleichzeitig betrieben wurden. Später wurden Theater in Neapel, Mailand, Parma, Bologna und auch in kleineren Städten wie Lucca, Cremona und Busseto errichtet. Im 19. Jahrhundert gab es einen regelrechten Kampf um die angesagten Komponisten Rossini und Verdi, so dass jene oft für mehrere Theater gleichzeitig gearbeitet haben. Architektonisch sind diese Häuser wahre Schmuckstücke und noch heute in großer Zahl erhalten. Da Italien jedoch anders als Deutschland oder Österreich seine Kultur nur wenig und nicht zuverlässig subventioniert, stehen ganz viele italienische Opernhäuser leer oder spielen ein oder zwei Mal im Jahr wenige Tage. Der italienische Dirigent Riccardo Muti wird nicht müde, diesen Missstand anzuprangern. Sabine Sonntag unternimmt einen Streifzug durch die italienische Opernhauslandschaft und zeigt auf, wie im 18. Und 19. Jahrhundert dort Theater gemacht wurde und wie die bedeutenden Theater von einst heute dastehen, wie das internationale Ranking von Mailand oder Venedig zu bewerten ist oder was sich hinter der „berüchtigten Akustik“ des Theaters von Parma verbirgt. Zu sprechen sein wird auch über einige Festivals, natürlich über den Touristenmagneten Arena di Verona, aber auch über die beiden für die Musiktheaterforschung bedeutenden Festspiele von Pesaro, wo Rossini nachhaltig wiederentdeckt wird, oder Martina Franca in Apulien, das sich ausschließlich vergessener Werke widmet.
Sizilien musikalisch
„Am Ostermorgen in einem sizilianischen Dorf“ spielt Pietro Mascagnis Oper Cavalleria rusticana und bringt damit ein vollkommen neues Ambiente in die Operngeschichte. Wo früher Adlige mit dem Degen um eine Frau gekämpft haben, ziehen sie nun das Klappmesser und röcheln auf offener Bühne ihr Leben aus. Der Naturalismus hat um 1900 de Theaterbühnen erreicht, und gleichzeitig hat er als „Verismo“ das Musiktheater nachhaltig verändert. Mascagnis Oper von 1890 gab den Startschuss für jene neue Opernstilrichtung, die sich bis etwa 1940 gehalten hat. Sabine Sonntag geht Fragen nach den Einflüssen sizilianischer Volksmusik nach und präsentiert Beispiele sizilianischer Opern und Lieder. Dabei hat aber in jedem Fall auch der Pate ein Wörtchen mitzureden!
Der italienische Mozart
Das Publikum in Wien und Prag, für das Mozart seine Opern Die Hochzeit des Figaro, Don Giovanni und Così fan tutte schrieb, liebte die italienische Oper mehr als die deutsche – oder auch die französische. Das bekamen noch Komponisten nach Mozart wie Schubert, Beethoven und Weber zu spüren. Als Mozart den Auftrag für die Entführung aus dem Serail bekam, entbrannte Streit unter den Beratern des Kaisers, in welcher Sprache denn diese neue Oper sein sollte. Obwohl Mozart diese Oper auf deutsch schrieb, enthält sie doch besonders in den Arien der Konstanze viel Italienisches. Wie geht das zusammen? Kann man in deutscher Sprache italienischen Stil singen? Wie kam es zu einer Renaissance von Mozarts italienischen Opern seiner frühen Salzburger Zeit? Solche Fragen stellt der Vortrag und beantwortet sie mit vielen Musik- und Filmbeispielen.
„So ein wüthender Italiener bin ich geworden“: Richard Wagner und das Italienische
Wagner gilt als das Gegenmodell zur italienischen Oper. Wo dort die Nummerneinteilung in Rezitativ, Arie und Duett vorherrschte, strebte Wagner nach dem unterbrechungslosen Ganzen. Wo bei den Italienern, namentlich natürlich bei Verdi, Oper ein Gemeinschaftswerk von Komponist und Librettist war, wollte Wagner alles aus einer, aus seiner Hand gestalten. Und trotzdem begegnen einem bei Wagner auf Schritt und Tritt italienische Einflüsse. Ausnahmslos alle Werke sind von Italien geprägt, auch wenn man die Einflüsse erst in tieferen Schichten entdeckt. Wer würde schon beim ersten Hören auf die Idee kommen, dass die traurige „alte Weise“ aus dem Tristan, vom Englischhorn vorgetragen, auf das Lied eines Gondoliere in Venedig zurückgeht? Und Wagner selbst wünschte sich mehr Italienisches im Gesangsstil zum Beispiel für seinen Lohengrin. Gattin Cosima sah das anders und hat nach Wagners Tod den Tenören die Italianità gründlich ausgetrieben. Über solche in die Tiefe der Interpretation gehenden Aspekte wird Sabine Sonntag bei ihrem Vortrag berichten und ihre Thesen mit zahlreichen Musik- und Videobeispielen veranschaulichen.
Rossininissimo - Oper à la carte
Über der italienischen Komponisten Gioachino Rossini
Kennen Sie eine Oper von Rossini? Ja? Dann kennen Sie alle! Rossini selbst hat das über sich gesagt, aber Rossini irrt! Natürlich gibt es auch bei ihm einen bestimmten Eigen-Stil, wie bei jedem anderen Komponisten auch. Und mit Rossini verbindet man in der Regel das Heitere, Leichte, Schnelle, so wie es an seinem Meisterwerk, dem Barbier, ablesbar ist. Dennoch gehört nur ein Drittel seines Opernschaffens zum komischen Musiktheater, der Rest ist tragische Oper. Moses, Otello, Die Belagerung von Korinth, Semiramis - alles ernste Themen mit einer ganz individuellen, nicht austauschbaren Musik. 2018, 150 Jahre nach Rossinis Tod, stehen besonders seine großen Opern im Fokus, Wilhelm Tell z.B. feiert gerade eine triumphale Rückkehr ins Opernrepertoire. In den ernsten Opern geht es vor allem um freiheitliche Ideen, sei die Befreiung der Israeliten von der Willkür des Pharao, sei es das Aufbegehren der Schweizer unter Wilhelm Tell. In dieser Rebellion Tells, von Rossini bewegend in Musik gesetzt, fand sich das italienische Volk in Zeiten der Erhebung gegen die Habsburger wieder. Und nicht zuletzt kündigt sich in den langen Szenen der Semiramis, kürzlich in München neu inszeniert, auch schon Wagners „unendliche Melodie“ an.
Rossini gilt auch als großer Koch, wenngleich da viel Legende ist – trotzdem wird in Sabine Sonntags Vortrag auch über Rossinis Rezepte und seine wohl einzig authentische Kreation, die „Bouillon mit Trüffeleinlage“, zu sprechen sein. Vor allem aber geht es um die Musik, z.B. das typische Rossini-Crescendo, bei dem erst wenige Musiker ganz leise spielen und am Ende ein ganzes Orchester im Kanonendonner explodiert, und es geht um die enormen Anforderungen, die Rossini-Partituren für Sänger darstellen.
„In fernem Land, unnahbar euren Schritten“. Der Exotismus in der Musik oder Wie ein Italiener sich die Musik von Ägypten, China und Japan vorstellt
Im 19. Jahrhundert nach Fernost reisen, das konnten nur wenige. Die Europäer hatten eher vage Vorstellungen von Japan oder Indien. Aber der Drang, das eigene Gesichtsfeld auszuweiten, war groß. Ein paar Abenteurer brachen um 1850 auf, um ferne Länder zu erkunden. Was sie dort erlebten, schrieben sie auf, und über solch reich ausgeschmückte Erlebnisromane voller exotischem Flair kam das Ferne nach Paris, Mailand, London und Berlin. Und es kam auf die Schreibtische der Komponisten, die selbst nie im indischen Dschungel waren oder vor einem chinesischen Buddha gestanden haben. Mit einer Mischung aus authentischer indischer oder chinesischer Musik, die man sich per Notenmaterial beschaffen konnte, und ganz viel Imagination machten sich Komponisten wie Verdi, Meyerbeer und Puccini daran, das Ferne zu „erfinden“. Werke wie die Aida, Lakmé, Turadot oder Madame Butterfly machen die andere Welt hörbar. Mit welchen Mitteln den Komponisten dies gelang, das ist Thema von Sabine Sonntags Vortrag. Wenn Aida am Nil ihren Geliebten erwartet oder Madame Butterfly erscheint, dann klingt es uns „fremd vorm Ohr“. Warum, das wird zu untersuchen sein. Der Exotismus ist eine interessante Gattung der Kulturgeschichte und damit auch der Musikwissenschaft. Wie immer bei Sabine Sonntags Vorträgen gibt es zahlreiche Musik- und Videobeispiele.
Callas Forever. Die ewige Primadonna
Maria Callas, die 1977 verstorbene Sopranistin, wurde zum Synonym der Primadonna schlechthin, ebenso wie Caruso oder Pavarotti für den männlichen Hauptdarsteller der Opernbühne standen. Was war das Besondere an Maria Callas? Und warum wird nahezu jede Sängerin – sogar die Mezzosoprane! – als „neue Callas“ apostrophiert, wenn sie das Karriereziel Met oder Scala erreicht hat? Nützt oder schadet der Mythos? Wie wird der Mythos gemacht? Welche Rolle spielen dabei Agenten, Theaterdirektoren, Modefirmen und das Fernsehen? Sabine Sonntag geht in ihrem Vortrag solchen Fragen nach und erläutert auch das sog. Fach, erklärt, warum dieselbe Sängerin selten als Königin der Nacht und Brünnhilde besetzt werden kann. Zahlreiche Ton- und Videobeispiele von Birgit Nilsson bis Anna Netrebko, von Helen Donath bis Cecilia Bartoli ergänzen den Vortrag.
Pavarotti & Co. Italienische Tenöre auf der Opernbühne
2007 ist Luciano Pavarotti gestorben. Ein Nachfolger wird von vielen herbeigesehnt, aber es ist keiner in Sicht. Für viele war Pavarotti der letzte Vertreter des italienischen Belcanto-Tenors. Was hat ihn zu solch einer Ausnahmeerscheinung gemacht? Hat man früher wirklich besser gesungen? Sabine Sonntag erinnert an den großen Sänger und präsentiert auch zahlreiche andere italienische Tenöre, von Caruso über Mario del Monaco und Carlo Bergonzi bis zu Franco Corelli. Biographisches kommt natürlich zu Wort, aber vor allem geht es darum, was das Typische der jeweiligen Stimme ist, was die italienische von der französischen oder deutschen Technik unterscheidet und wie es um die Bühnenpräsenz bestellt ist. Wir immer gibt es zahlreiche Musik- und Filmausschnitte zu erleben.